Das Weltwirtschaftssystem wird möglicherweise die Ausbreitung des Coronavirus nicht überstehen. Die Infektionswelle ist dafür aber nicht die Ursache, sondern nur der Anlass.
Die Menschheit hat schon andere Pandemien bewältigt, und die medizinischen Voraussetzungen dafür sind heute natürlich erheblich besser als 1918, als die „spanische“ Grippe ausbrach und weltweit 25 bis 50 Millionen Todesopfer forderte, oder in den Jahrhunderten davor, als Pest- und Choleraepedemien jeweils den Tod größerer Teile der Bevölkerung verursachten.
Man könnte also denken, dass wir für eine kürzere Zeit einfache eine Pause einlegen müssen in unserem gesellschaftlichen Leben und danach alles so weitergeht, wie wir das bis vor wenigen Wochen gewohnt waren. Nach meiner Einschätzung wird das nicht so geschehen.
Es gibt Menschen, die genug finanzielle Rücklagen haben oder sehr sichere, regelmäßige Einkünfte, beispielsweise Renten, die sich deshalb keine materiellen Sorgen machen müssen, wie sie die nächsten Wochen und Monate überstehen. Es gibt aber andererseits auch viele Menschen sowie kleinere, mittlere und große Unternehmen, die nur geringe Rücklagen oder sogar Schulden haben, und deren Einnahmen absehbar stark zurückgehen werden, während die Ausgaben konstant bleiben oder nur wenig sinken.
Es herrscht offenbar gesellschaftlicher Konsens, dass den Betroffenen durch den Staat geholfen werden muss, wenn größere Verwerfungen vermieden werden sollen. Deshalb haben Notenbanken und Regierungen auf der ganzen Welt milliardenschwere Rettungsprogramme gestartet und weitere angekündigt.
Das Problem: Es gibt zur Zeit niemanden, der auch nur annähernd beziffern könnte, welche Summen tatsächlich erforderlich sind, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Das hat natürlich damit zu tun, dass große Unsicherheit besteht, wie lange der Ausnahmezustand dauern wird. Es ist darüber hinaus sehr schwierig, Rettungsmaßnahmen so zu konstruieren, dass sie einerseits schnell wirken und andererseits nicht unnötig viel Geld kosten. Klar ist wohl jedenfalls, dass die Zahlen, über die aktuell diskutiert wird, zu klein sind.
Darüber, wie denn solche Maßnahmen finanziert werden sollen, wird derzeit kaum geredet. Das hat sicher damit zu tun, dass in der Finanzkrise ab 2007 ebenfalls teure Rettungsprogramme aufgelegt wurden, für die einfach neue Schulden aufgenommen wurden, deren Rückzahlung auch in den ruhigen Jahren danach nicht in Angriff genommen wurde.
Weshalb sollte das nun nicht ebenso funktionieren?
Es ist nicht grundsätzlich auszuschließen, dass es wieder so laufen wird. Aber es muss ja auch Menschen und Institutionen geben, die den Staaten Geld leihen. Irgendwann stellen diese sich die Frage, wie sicher nicht nur griechische und italienische, sondern auch amerikanische und deutsche Staatsanleihen sind. Angesichts der Größenordnung und eben auch der Tatsache, dass an eine Rückführung der Schulden nicht zu denken ist, sondern allenfalls an Umschuldungen, sind Zweifel durchaus angebracht.
Sobald aber ernsthaft in den relevanten Kreisen darüber diskutiert wird, ob der deutsche und der amerikanische Staat ihre Schulden bedienen können, wird nach meiner Einschätzung unser Weltwirtschaftssystem einstürzen – und eine neue Weltwirtschaftsordnung kann und muss konstruiert werden.
Diese Einschätzung ist schlüssig und viele Experten sind ebenfalls der Meinung, dass dieser Auslöser das aufgeblasene Finanzsystem implodieren lässt. Andererseits sind Systeme neutral betrachtet sehr gut in der Selbsterhaltung. Die Frage ist, wie lange noch alle glauben, dass es gut geht. „Whatever it takes…“ hat 2008 jedenfalls funktioniert. Und das System kann sich auch gerade verfestigen. Die herrschenden ehemaligen Volks-Parteien sehen und nutzen die Chance die selbstverschuldeten Auflösungstendenzen von der Bühne zu verweisen, denn es gibt nun die Corona-Sau, die man durchs Dorf jagen kann. Handlungsbereitschaft, Entscheidungswille, Durchsetzungsvermögen, Empathie für Ärzte, Pfleger und Einsatzkräfte, all das ist prima um die Machtverhältnisse wieder gerade zu rücken, um den schlechten Ruf zu sanieren. Das geht natürlich am besten, wenn das Volk Angst hat. Dann trägt es auch die weitere Beschneidung von Bürgerrechten und eine Ausweitung der Macht des Staates mit. Hat es alles schon gegeben, aber solche Vergleiche werden im Keim erstickt. Nicht Corona, das hat man sehendes Auges erstmal kommen lassen.
Natürlich ist das Virus ernst zu nehmen, aber das ist die Grippe eigentlich jedes Jahr mit jeweils tausenden von Opfern.
Auch Krankenhauskeime sind ernst zu nehmen, nach Schätzen der Experten sterben pro Jahr bis zu 40.000 Menschen an multiresistenten Keimen. Zentralisierung und Rationalisierung in den Kliniken aber auch der einfache Händedruck, bisher nicht verpönt, sind Gründe hierfür. Aber Bertelsmann empfiehlt zur Rettung unseres Gesundheitssystems und für den Patienten die Schließung von mehr als die Hälfte der 1400 Kliniken.
3500 Tote im Straßenverkehr (jahrzehntelang waren es noch deutlich mehr) sind auch ernst zu nehmen. Corona muss noch lange daran arbeiten, so viele vorerkrankte Menschen umzubringen wie ein Tempolimit jährlich das Leben von gesunden Erwachsenen und Kindern retten könnte. Na ja, Kontaktsperre und Handyverfolgung ist schon ok, so lange man noch freie Fahrt hat.
Wenn man jetzt noch über die wirklichen Killer sprechen würde, die Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die laut Robert Koch Institut für über 40% aller Todesfälle verantwortlich sind, dann müsste man in einer großen Kampagne und als festen Bildungsbestandteil in Schulen die Grundsätze gesunder Ernährung vorstellen (Wieder das RKI: „Die wichtigsten beeinflussbaren Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind kardiometabolische Erkrankungen wie Hypertonie, Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen und Adipositas sowie gesundheitsbeeinträchtigende Verhaltensweisen wie Rauchen, körperliche Inaktivität und ungesunde Ernährung.“). Die Auswirkung von wenigen Ernährungsgrundsätzen (z.B. Vitamin D und Omega-3 Fettsäuren) auf das Immunsystem sind frappierend. Viren und Bakterien infizieren nämlich – glaubt heute beim misstrauischen Einkaufen keiner mehr – nicht bei Kontakt, die müssen erstmal am Immunsystem vorbei. Dr. Antoine Béchamp hat das vor über 100 Jahren schon erkannt, frei übersetzt: „Erreger ist nichts, Millieu ist alles.“
Ich schweife ab. Meine nicht rethorisch sondern offen gemeinten Fragen also im Bezug auf die finanziellen Folgen der Krise: Wie kann dem deutschen Staat bei negativen Zinsen eigentlich das Geld ausgehen? Wie kann er von der Schuldenlast erdrückt werden, wenn er gar keine Zinsen zahlt, sondern welche bekommt? Wie kann der Ami pleite gehen, wenn er jederzeit die Notenpresse anwerfen kann?
Der Punkt ist nach meiner Überzeugung nicht, dass dem deutschen oder dem amerikanischen Staat das Geld ausgehen könnte.
Wenn es so einfach ist für die USA, Ausgabenpakete in Höhe von rund $ 2.000 Milliarden zu beschließen – worüber gerade verhandelt wird – ohne dass letztlich irgend jemand dafür bezahlt (!), dann könnten sich Menschen und Intuitionen, die dem amerikanischen Staat Geld geliehen haben, die berechtigte Frage stellen, was es denn eigentlich heißt, dass dieser ihnen in 30 Jahren eine Million Dollar zurückzahlen will.
Ich bin durch deinen Kommentar auch angeregt worden, einen neuen Beitrag mit dem Titel „Geldkreislauf und Vermögensentwicklung“ zu schreiben.