Geldkreislauf und Vermögensentwicklung

In unserem arbeitsteiligen Wirtschaftssystem gibt es einen Kreislauf des Geldes: Das Geld wandert im Zusammenhang mit dem Austausch von Waren und Dienstleistungen von Hand zu Hand.

Genauer betrachtet versickert aber regelmäßig Geld, nämlich in Geldvermögen. Dabei macht es im Prinzip keinen Unterschied, ob das Vermögen sich in einer Bargeldschatulle unter dem Bett befindet, auf einem Sparbuch oder Sparkonto oder in Staats- und Unternehmensanleihen. Der entscheidende Punkt ist dabei, dass dieses Geld auf unbestimmte Zeit nicht für Konsumausgaben oder Investitionen verwendet werden soll. Insofern sind von dieser Definition Ansparungen für ein neues Fahrrad oder Auto, ein Haus oder den Jahresurlaub nicht betroffen, auch wenn sie auf einem Sparkonto eingezahlt werden. Andererseits gehören dazu gegebenenfalls Guthaben auf Girokonten, wenn sie über einen längeren Zeitraum dort bleiben.

Wenn allgemein gespart wird als Vorsorge für schlechte Zeiten, dann wäre das aus diesem Blickwinkel ein Vermögensaufbau. Falls die schlechten Zeiten – etwa Arbeitslosigkeit oder Pflegebedürftigkeit – dann tatsächlich kommen sollten, muss das Vermögen dafür gegebenenfalls zurückgefahren werden. Der Kauf von Immobilien, Gold und Kunstwerken wäre je nachdem als Konsumausgabe oder Investition zu betrachten, während der Erwerb von Aktien und Unternehmensanteilen in anderer Form natürlich eine Investition ist – die aber typischerweise mit dem Ziel eines Vermögensaufbaues getätigt wird.

Da Geld in Vermögen versickert, muss ständig neues Geld in das System gepumpt werden. Andernfalls wäre eine Deflation die Folge, und die will niemand. Die Geldschöpfung ist deshalb Routine.

Wenn andererseits zu viel Geld in das System gepumpt wird, kommt es zu einer erhöhten Inflation, also Geldentwertung. Die Notenbanken haben deshalb ein breites Spektrum an Instrumenten entwickelt, mit denen sie auf das System Einfluss nehmen können.

Nach den Erfahrungen mit einer katastrophalen Inflation in den Anfängen der Weimarer Republik ist die Vermeidung einer hohen Inflation in Deutschland seitdem ein vorrangiges Ziel der Geldpolitik, und es wurde lange Zeit besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass die Geldmenge nicht zu stark steigt. Aber schon zu Zeiten der D-Mark wurden die von der Deutschen Bundesbank formulierten Geldmengenziele regelmäßig überschritten, und mit der Einführung des Euros und insbesondere seit der Finanzkrise findet die Entwicklung der Geldmenge immer weniger Beachtung.

Einen entgegengesetzten Ansatz verfolgt die Modern Monetary Theory (MMT). Der Grundgedanke dabei ist, dass die Notenbanken sich um die Geldmengenentwicklung nicht kümmern sollten und stattdessen Arbeitslosigkeit, Rezessionen, Ungleichheiten und andere soziale Missstände bekämpfen müssten. Auch eine höhere Staatsverschuldung könne und solle dafür in Kauf genommen werden. Die MMT hat nach wie vor insbesondere in Deutschland, aber auch anderswo, einen Außenseiterstatus in der Ökonomie. Dennoch entsprechen die Maßnahmen, die von den Notenbanken zur Zeit ergriffen werden, eigentlich im wesentlichen ihrem Ansatz.

Die Corona-Pandemie und die fast überall auf der Welt ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung ihrer Ausbreitung haben unmittelbar zur Folge, dass der Geldkreislauf unterbrochen wird: Viele Konsumausgaben sind aktuell gar nicht mehr möglich oder werden jedenfalls zurückgestellt. Auch sehr viele geplante Investitionen werden in absehbarer Zeit betroffen sein.

Nicht wenige Geldvermögen wachsen, weil einerseits weiterhin Einnahmen zufließen – aus Arbeitseinkommen, Renten, Zinsen, Mietzahlungen – andererseits aber deutlich weniger abfließt – nicht nur weniger, als hereinkommt, sondern auch weniger, als in normalen Zeiten ausgegeben wird.

Andererseits gibt es viele Menschen auf der ganzen Welt, bei denen die Einnahmen plötzlich wegbrechen, während regelmäßige Ausgaben weiterhin zu leisten sind. Das ist natürlich vor allem dann besonders bedrohlich, wenn keine finanziellen Reserven vorhanden sind. Es ist weitestgehend Konsens, dass die Betroffenen finanziell unterstützt werden müssen – nicht zuletzt, um das System vor einem akuten Kollaps zu bewahren.

Eine dauerhafte Stabilisierung kann damit aber nicht erreicht werden, weil die Vermögensunterschiede auf der Welt weiter wachsen. Auch die MMT bietet für dieses Problem – soweit ich erkennen kann – keine Lösung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert